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Lesungstexte

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Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis

von Pfarrer Markus Fiedler

Schwestern und Brüder,

Es heißt ja manchmal, die Bibel sei ein verstaubtes altes Buch, in dem lauter Märchen stehen, die keinen mehr interessieren. Die Bibel ist alt, ja, so zwischen 1900 und 2500 Jahre, grob über den Daumen. Aber ist es so, dass wir inzwischen so viel weiter sind, dass uns diese alten Geschichten nicht mehr interessieren müssen? Ich wäre froh, es wäre so. Aber ich erschrecke immer wieder bis in die Knochen, wenn ich in der Bibel Geschichten lese, die leider auch heute geschehen könnten. Ich erschrecke, weil ich den Eindruck habe, dass wir nichts, aber auch gar nichts dazugelernt haben aus all der Geschichte seither. Wir, ich, aber auch die verantwortlichen und mächtigen Menschen, meist Männer, in dieser Welt versagen immer noch kläglich. Ob es die Katastrophe des Klimawandels ist, oder der Umgang mit dem russischen Diktator. Ob es das Verhältnis zu China und Taiwan und die Risse in den Lieferketten sind. Ob es der Hunger in Afrika oder das Pandemiemanagement ist. – Immer wieder das gleiche Bild: Lavieren, Schreien. Viele Worte und in mancher Talkshow so viel heiße Luft! Sind wir so satt und bequem geworden, dass wir immer noch nicht verstehen. Und dann noch die, die auf die Straße gehen und so tun, als ob die vielen Problemlagen nur Lüge wären.

„Lüge, Betrug“ – das war übrigens ein Schlagwort, das der Prophet Jeremia im 6. Jh. v. Chr. dem König des kleinen Staates Juda und seiner Elite, aber auch dem ganzen Volk immer wieder ins Gesicht schleuderte. Auf Hebräisch hört sich das noch schärfer an: Scheqer, „Lüge, Betrug“. Scheqer. Damals ging es nicht um den Klimawandel, sondern um die Einschätzung einer außenpolitischen Gesamtsituation. König und Beamtenschaft hatten sich verrannt und eine falsche Ideologie und eine Propaganda der Sicherheit aufgezogen: Der Feind, die babylonische Großmacht, wird Jerusalem und Juda sicher nicht erobern, denn Gott ist ja auf unserer Seite! Doch der Prophet Jeremia bekommt von Gott eine andere Botschaft gesagt: Das Fehlverhalten, die Ausbeutung, die Lügen der Regierenden, aber auch das falsche Tun der Leute, die ihnen folgen, sind übergroß geworden. Die Strafe Gottes kommt, die Eroberung durch die Babylonier und die folgende Zerstörung sind unausweichlich. Jeremia muss das ausrichten, fast zerbricht er daran. Und überall hört er die Beschwichtigungspropaganda: Es wird schon nicht so schlimm, denn Gott ist ja bei uns, Gott hilft uns doch. „Scheqer, Lüge“, muss Jeremia rufen, als Prophet weiß er es besser. Aber seine Botschaft wird von den Beamten als staatsgefährdend angesehen. Jeremia bringt das Lügengebäude der Regierung ins Wanken – und deshalb soll er getötet werden. Zidkija, der König von Jerusalem, gibt in unserer Geschichte eine eher schwache Figur ab, was bei seiner damaligen Machtfülle umso schlimmer ist. Er gibt seinen Leuten freie Hand – und ist damit letztlich mitverantwortlich. Der unbequeme Mahner Jeremia wird buchstäblich versenkt, im Schlamm einer Zisterne. Das bedeutete einen langsamen, grausamen Tod durch Verdursten und Ersticken. An ein Entkommen war nicht zu denken, Jeremia ist „ganz unten“ und kann nichts mehr tun. Er kann sich nicht selbst helfen.

Ich stelle mir Jeremia in der Zisterne vor – und denke an die vielen, die unschuldig in den Gefängnissen totalitärer Staaten dieser Welt verschmachten. Es liegt so bedrückend auf der Hand: Auch heute gibt es diese Lügengebäude von machthabenden Eliten, und wer sich nicht fügt, wird beseitigt – oftmals nicht sofort, sondern in quälend langsamen Schauprozessen, die sich über Jahre hinziehen. Derweil sind die unbequemen Mahner, die Oppositionellen, die, die eben nicht zu allem Ja und Amen sagen, im Gefängnis kaltgestellt. Aber, ihr Mächtigen, so müsste man damals und muss man heute fragen: Wird denn die Lage besser, wenn niemand darüber sprechen darf? Wird es denn schön, wenn man alles nur beschönigt? Kann man Fakten mit Lügen ungeschehen machen? Kann man mit Propaganda Gottes Gerechtigkeit oder den Lauf der Natur aufhalten? Die Geschichte der Welt und die gute alte Bibel lehren es uns: Nein. Jedes Lügengebäude wird irgendwann zerbrechen.

Der Rest der Geschichte Jeremias ist schnell erzählt: Er wird zwar aus der Zisterne herausgeholt, er darf zwar vor dem König noch einmal sprechen und auch die Beamten befragen ihn heftig. Aber was Jeremia von Gott ausrichtet und rät, wird nicht beachtet, die Menschen bleiben bis zuletzt bei der Lüge. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf: Jerusalem wird erobert und zerstört, ebenso der Tempel, das babylonische Exil beginnt. Erst mehrere Jahrzehnte später gibt es einen Neuanfang in Jerusalem mit einem zweiten Tempel.

Ist das eine Option für heute? Einfach weitermachen, die unbequemen Mahner versenken, in die Katastrophe rauschen und auf einen bescheidenen Neuanfang hoffen? Das wäre zu leicht Vielleicht haben die unbequemen Mahner ja recht, wie damals Jeremia. Aber leider weiß man das oft erst hinterher. Amen

Gottesdienstzeiten

Heilige Messen in der Pfarrei Postbauer-Heng

Sonntag 10:30 Uhr St. Elisabeth
1. u. 3. Samstag im Monat 18:00 Uhr Ezelsdorf
2., 4. u. 5. Samstag im Monat 18:00 Uhr St. Elisabeth

Heilige Messen in der Pfarrei Seligenporten
Sonntag 09:00 Uhr
1. Samstag im Monat 18:00 Uhr

Öffnungszeiten Pfarrbüro

Montag und Dienstag: geschlossen
Mittwoch: 8.30 - 12.00 Uhr
Donnerstag: 14.00 - 17.00 Uhr
Freitag: 8.30 - 12:00 Uhr

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